Zusammenfassung: Der Schimmelreiter (Theodor Storm)

Autor: Theodor Storm (1817 - 1888)
Originaltitel: Der Schimmelreiter
Veröffentlichung: 1888
Textsorte: Novelle
Textgattung: Epik
Literaturepoche: Realismus

Inhaltsangabe:
Die an der nordfriesischen Küste zwischen 1732 und 1756 spielende Novelle „Der Schimmelreiter“ des Husumer Schriftstellers und Dichters Theodor Storm (1817 – 1888) wurde zu einer Art Nationalepos der Region zwischen Tönning und Sylt. In vielen nordfriesischen Orten gibt es Gaststätten, Ferienpensionen und Gemeindeeinrichtungen, die nach dem Stormschen Schimmelreiter benannt sind. Ein 1960 eingeweihter Koog, der Hauke-Haien-Koog bei Dagebüll, wurde sogar auf den Namen der Novellen-Hauptfigur getauft. Theodor Storm schaffte mit seiner wenige Monate vor seinem Tod vollendeten und veröffentlichten, sich an Volkssagen anlehnenden Altersnovelle ein bedeutendes Werk. „Der Schimmelreiter“ schlägt bis heute viele Leser insbesondere durch seine eigentümliche Mischung aus Realismus und Mystik sowie wegen der beschreibenden Verbindung von bodenständigen Dingen, wie Deichbau und Dorfleben, mit Naturgewalten und Gespensterglauben in den Bann. Die düstere Darstellung der schwermütigen, halb-amphibischen Küstenlandschaft Nordfrieslands gehört zu den literarischen Meisterleistungen Storms, der zu den herausragenden norddeutschen Vertretern des Realismus zählt.

Die Schimmelreiter-Geschichte wird in einer inneren Rahmenhandlung von einem aufklärerischen Schulmeister etwa im Jahr 1820 erzählt. Diese Rahmenhandlung ist wiederum in eine von einem Ich-Erzähler präsentierten äußeren Rahmenhandlung (etwa 1880) eingebettet. Diese dreifache, zeitlich versetzte Rahmentechnik gibt der Novelle trotz der realistischen Erzählweise einen mythischen Charakter.

Tragische Haupt- und Titelfigur der Storm-Novelle ist der wegen seines Reittieres „Schimmelreiter“ genannte, aus der unteren bäuerlichen Mittelschicht stammende Deichgraf Hauke Haien. Deichgrafen sind keine Adligen, sondern mit weitgehenden Vollmachten ausgestattete, gewählte oder behördlich ernannte Vorsteher einer für Bau und Erhalt zuständigen Deichgenossenschaft. Hauke Haien verkörpert den Typus des an der schleswig-holsteinischen Westküste nicht seltenen „gelehrten Bauern“, der sich außer für Kohl und Milchpreise auch für Bildung und Wissenschaft interessiert und sich, zumeist autodidaktisch, profunde Kenntnisse angeeignet hat. Durch seine Bildung und durch seine visionären Pläne hebt sich Haien deutlich von der Masse der in Durchschnittlichkeit verharrenden Dorfbewohner ab, die zwischen Bewunderung und Misstrauen ihm gegenüber schwanken. An seiner Seite steht Elke, die mit ihm verheiratete Tochter des wohlhabenden alten Deichgrafen Tede Volkerts. Nach dem Tod des Schwiegervaters steigt Haien als Großbauer und Deichgraf in die dörfliche Oberschicht auf. Sein Gegenspieler ist der ihm Heirat und den damit verbundenen Aufstieg missgönnende Ole Peters. Peters schafft es immer wieder, die Dörfler gegen Haien aufzuwiegeln, auch wenn Haien mit dem sachlich-kompetenten Jewe Manners einen wichtigen Fürsprecher hat.

Das Bemühen Haiens, durch moderne Deichbaumaßnahmen besseren Küstenschutz zu schaffen, stößt auf Widerstand. Haien ist nicht der Mann, sich durch Kompromisse und Entgegenkommen beliebt zu machen. Seine schroffe, herrisch-abgehobene Art verstärkt seine Außenseiterstellung. In einer Schlüsselszene verstößt er gegen den althergebrachten Brauch, nach dem bei jedem Deichbau etwas Lebendiges geopfert werden muss: Er rettet einem Hund, der beim Deichschluss lebendig begraben werden soll, das Leben. Die abergläubischen Dorf-Friesen erwarten für die nächste Sturmflut Deichbruch und Katastrophe. Als Haien einem geheimnisvollen Fremden einen heruntergekommen Schimmel abkauft, geht das Gerücht um, der Schimmel sei die Wiedergeburt eines im Watt verendeten Gerippes.

Haien, dessen Frau eine Tochter geboren hat, deren geistige Behinderung von den Dörflern als schlechtes Omen aufgefasst wird, setzt schließlich sein Deichprojekt durch. Bei einer Sturmflut durchstechen von Ole aufgehetzte Bauern den neuen Deich im Irrglauben, dadurch nahendes Unglück abwenden zu können. Der alte, nur notdürftig geflickte, Deich kann nicht widerstehen und bricht. Elke und Tochter Wienke sterben in den Fluten. Der verzweifelte Haien sieht sein Leben vernichtet und macht in der Überzeugung, als Deichgraf versagt zu haben, mit seinem Schimmel den tödlichen Sprung in die Deichbruchstelle. Der tote Schimmel erscheint nach dem Volksglauben, so der Schulmeister, seitdem jedes Mal, wenn den Deichen Gefahr droht.

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